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ZIRKELTRAINING: Wie alles begann!

Es begann mit der AG: RESSOURCEN TEILEN! Ich weiß gar nicht mehr, wer initiiert, wer koordiniert und wer eingeladen hat. Jedoch saßen wir eines schönen Nachmittags Anfang 2022 bei Zoom zusammen und hatten eine Mission: RESSOURCEN TEILEN! Denn klar ist, Theatermachen kann nicht so weiter gehen wie bisher. Wir sind ein verschwenderischer Haufen ohne Geld. Innovativ, immer schnell und die große Bühne soll es sein. Ein Teil des Problems sind die Unmengen an Material, das Theaterproduktionen in den Freien Darstellenden Künsten anhäufen und vermehren. Dem wollen wir etwas entgegensetzen, indem wir unsere Ressourcen teilen. Dafür schmiedeten wir einen großen und einen kleinen Plan. Die große Vision ist ein dezentrales Materiallager für NRW. Inklusive Personalstellen für die Logistik, Einlagerung, Pflege und Zurverfügungstellung des Materials aus der Freien Szene, sodass für die Projektarbeit kaum noch neues Material gekauft werden muss. Kein Abfall, kein Lagerproblem, kein Verschimmeln im Keller. Für diesen Plan gab es bisher niemanden, der die nötigen Mittel zu Verfügung stellen wollte.

Es entsteht der Eindruck, dass sich NRW mit Materialsharing Initiativen für Theaterschaffende im Vergleich zu allen anderen Bundesländern sehr zurück hält. Dabei hat NRW eine starke und bedeutsame Freie Szene. Anfang 2022 gab es als einzige Initiative die Materialverwaltung on Tour, welches ein kooperatives Projekt mit der Hanseatischen Materialverwaltung aus Hamburg war. On Tour bedeutete, die Materialverwaltung zog von Ort zu Ort, was einen immensen logistischen Aufwand bedeutete und so konnte auch nie eine langfristige Lösung/Lager für Material entstehen. Am Ende scheiterte das Projekt, da sich nach der letzten Location, der Schalker St. Joseph Kirche, keine neue finden ließ. Im Juli 2022 wurde der Marktplatz DTHG Kleinanzeigen in Köln eröffnet. DTHG Kleinanzeigen ist eine Plattform speziell für den Kauf und Tausch von gebrauchtem Theaterequipment, Technik- und Bühnenmaterial. Damit schließt die DTHG für viele Theater- und Opernhäuser eine logistische Lücke auf dem Weg hin zu nachhaltiger Bühnenproduktion. Die Plattform stellt den Häusern die nötige Infrastruktur zur Verfügung, um ihre Materialbeschaffung und -herstellung zukünftig nachhaltiger zu planen und die lokale und überregionale Zusammenarbeit der Theater zu verstärken. Das atelier automatique gründete 2022 die ressourcerie automatique. Die ressourcerie automatique vernetzt all die Keller und Dachböden, die Garagen und Abstellkammern der freien Szene miteinander. Dort liegen ungenutzte Produktionsteile, Requisiten, Kostüme und vieles mehr aus der künstlerischen Arbeit. Innerhalb der ressourcerie kann jeder Mensch, Verein, jedes Kollektiv oder jede Gruppe ihren eigenen Katalog anlegen und all diese Dinge zum Vermieten oder Verleihen anbieten. Bevor wir neu kaufen, schauen wir doch erstmal, was es schon gibt. 2023 eröffnete der digitale Kostümfundus in Düsseldorf: „Eine solidarische Idee: Um künftig nachhaltiger zu arbeiten, wollen wir unseren Kostümfundus mit anderen Theatern teilen. Darum suchen wir nach Partnern, die ihren Fundus mit unserem vereinen, damit am Ende ein riesiger Fundus entsteht, auf den alle Partner nach Belieben zugreifen können.“ Sie suchen Theater und Gruppen, die mitmachen. Partner wird man, indem man mindestens 10 Theaterkostüme als Dauerleihgabe in den Fundus einbringt. Dabei können wir unsere Kostüme physisch zusammenlegen (empfiehlt sich bei kleinen Mengen) oder digital (wenn ein Theater einen großen Fundus einbringt). Darüber hinaus entstanden vielerorts Ideen und Initiativen, die sich mit dem Thema Materialsharing beschäftigen und nach Möglichkeiten suchen, ihr Material zu teilen, wie die WerkStadt auf PACT Zollverein.

Der kleine Plan war also: Erstmal anfangen, kleine Brötchen backen, kleine Förderungen und viel Ehrenamt investieren und dann hoffen, dass die Genialität des Vorhabens erkannt wird und damit große Geldtöpfe, Förderer, Politik, Land und Leute angelockt werden, um die große Vision einer nachhaltigen Freien Szene zu verwirklichen. Die Chancen standen gut. Die AG: RESSOURCEN TEILEN! traf sich weiter regelmäßig und ist bis heute hochkarätig besetzt, u.a. mit dem RVR, dem Landesbüro Freie Darstellende Künste NRW, dem dott.werk aus Dortmund und verschiedenen Akteur*innen, die unermüdlich daran arbeiteten, die Szene nachhaltiger zu gestalten. Die Teilnehmer*innen fluktuierten, aber es war klar, alle wollten etwas ändern. Wir schrieben Anträge, die abgelehnt wurden, wir erdachten und recherchierten neue Möglichkeiten, Denkansätze, Optionen und Gelegenheiten. Schließlich war Nachhaltigkeit in aller Munde. So auch bei der Leitung des FAVORITEN Festivals, die ihre Zwischenjahresveranstaltung zur nachhaltigen Arbeit in den Freien Darstellenden Künsten organisieren wollten und sich so an die Expert*innen der AG: RESSOURCEN TEILEN! wendeten: Die Veranstaltung ZIRKELTRAINING wurde geboren. Hier sollten möglichst viele Ideen und Projekte aus NRW und ganz Deutschland, an denen bereits gearbeitet wird, zusammen finden: Materialverwaltungen, Leitfäden für nachhaltiges Produzieren, Touring Guides, Upcycling- und Recyclingkonzepte, bundesweite Vernetzungsangebote, Weiterbildungen etc.. All diese Projekte haben gemeinsam, dass sie aktiv etwas bewegen und weniger Ressourcen verschwenden wollen – materielle wie immaterielle. Viele dieser Prozesse laufen aber parallel und stehen nicht nur vor ähnlichen Hürden, Konflikten und Fragen, sondern produzieren auch ähnliche Lösungen und Denkanstöße – aus unterschiedlichen Perspektiven. Deswegen war es wichtig, unsere Ressourcen in Form von Wissen und Qualifikationen zu bündeln und zu teilen. Nachhaltigkeit ist ein Gemeinschaftssport!

Ein Teil der Veranstaltung ZIRKELTRAINING war das COOL DOWN am Samstagabend den 14.10.2023 in der ressourcerie automatique. Die NRW Materialsharing Initiativen sollten sich alle kennenlernen und eine Möglichkeit erhalten, sich und ihre Arbeit vorzustellen, sich zu vernetzten, Probleme zu erörtern und gemeinsame Lösungen zu finden. Denn nach 2 Jahren AG: RESSOURCEN TEILEN! sind wir unserer großen Vision nur marginal nähergekommen. Es gibt definitiv ein erhöhtes Interesse an und Engagement für nachhaltige Theaterproduktion. Aber es entstand der Eindruck, dass jede*r in ihrer*seiner kleinen Bubble vor sich hinarbeitete und wir dadurch vor ähnlichen Problemen und Herausforderungen standen, aber keine gemeinsame Lösung finden konnten.

Wenn der Abend am 14.10.2023 eine Überschrift bekommen sollte, dann: ES FEHLEN DIE RESSOURCEN, UM RESSOURCEN ZU TEILEN! In der auf den Vortrag folgenden moderierten Fishbowl Diskussion mit allen geladenen Vertreter*innen und einem interessierten Publikum wurde sich gegenseitig vorgestellt und Probleme und Konflikte benannt. Die Herausforderungen, die identifiziert wurden, sind: Schwierigkeiten bei der Einrichtung und Verwaltung von Accounts auf Sharing Plattformen, stark begrenzte personelle Ressourcen für das Teilen von Material, Notwendigkeit eines Umdenkens vom Kaufen zum Leihen, Fragen zur Finanzierung und vor allem die mangelnde Kontinuität in der Finanzierung sowie bei Personal und Wissen. Außerdem fehlen Lagerräume und die Berücksichtigung von Ressourcenschonung in Berufsausbildungen. Die Innovationsmöglichkeiten von Förderstrukturen sind ebenfalls stark limitiert.

Best Practices und Tipps, die erwähnt wurden, sind: Schul- und Medienzentren für die Ausleihe von Technik, die Verbraucher*innen Zentrale mit dem Projekt Mehrwert NRW, die Münchner Materialinitiative, die kommunale Förderung erhält, Anregungen der SK Freie Szene für Künstler*innen, Verleihpraktiken zu automatisieren und zu institutionalisieren und Vorbildprojekte wie die Förderungen wie der Diversitätsfonds NRW als Vorbild für die Finanzierung des Material- und Ressourcentauschs.

Aus der Diskussion konnte entnommen werden, dass es einen Dachverband braucht, der alle Sharing Initiativen und Ideen beherbergt und vereint, damit gemeinsam daran gearbeitet werden kann, Theater nachhaltiger produzieren zu können. Dafür braucht es gut bezahltes Personal, Lagerraum und eine langfristige Finanzierung. Ein Teil der Finanzierung könnte über die Förderstruktur selbst bezahlt werden. Ähnlich den KSK-Abgaben könnte ein prozentualer Anteil der Fördersummen in den Topf MATERIALVERWALTUNG fließen. So entstünde eine Verantwortung bei allen Theater-Schaffenden und Förder*innen und damit ein erhöhtes Bewusstsein, sowie Nutzung des Materialsharings an sich. 

Die AG: RESSOURCEN TEILEN! geht weiter, mit neuen Teilnehmer*innen und Interessierten.

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